Ist ständiges Wirtschaftswachstum wirklich notwendig?

 


Hamburger Sandwich - © Wikipedia, Public Domain

 

 

Industriestaaten sind auf ständiges Wachstum ausgerichtet – volkswirtschaftlich ist dies  begründbar – würde das Wachstum nachlassen, so wären Rezessionen und steigende Arbeitslosigkeit unvermeidbar, doch kann man zwei Fragen stellen:

 

1). Ist ständiges Wachstum überhaupt möglich?

2). Was nützt uns dieses ständige Wachstum?

 

Zu 1): Ständiges Wachstum scheint möglich zu sein, weil die Bedürfnisse der Menschen ständig wachen. Es gibt auch Gegner dieser Ansicht, doch die Erfindungskraft der Konsumindustrie beweist uns, dass diese offenbar in der Lage ist, ständig neue Bedürfnisse zu wecken. Sie bedient sich dabei zwar oft zweifelhafter Werbetechniken, aber der Erfolg der Manipulierbarkeit unserer Gesellschaft gibt der Industrie letztlich recht. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche volkswirtschaftliche Theorien, die sowohl für, als auch gegen ständiges Wachstum argumentieren (siehe weiter unten).

 

Zu 2): Die Frage, ob uns dieses ständige Wachstum nützt, ist wesentlich schwieriger zu beantworten, weil der Nutzen vom Stadium des Fortschritts einer Industriegesellschaft abhängt. Für noch wenig entwickelte Industriegesellschaften ist der Nutzen erheblich höher, als für hochentwickelte Gesellschaften. Der Grund liegt darin, dass mit höheren Bedürfnissen und höheren Einkommen auch das Bedürfnis nach sozialen Errungenschaften, wie Kinderbetreuung, Kinderausbildung (z.B. Musik oder Sport), Sozialleistungen im weitesten Sinn (insbesondere Altenpflege) stark anwachsen, was den Großteil gestiegener Löhne wieder „auffrisst“.

 

In weniger entwickelten Industriegesellschaften werden selbst kleine Erhöhungen der Löhne dankbar wahrgenommen, weil Sozialleistungen noch nicht so selbstverständlich und die Lohnabzüge daher geringer sind.

 

Anm.: Ältere Generationen denken noch gerne an die ersten Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg, in denen es ständig bergauf ging und sich dies auch in den Löhnen niederschlug – an viele heute selbstverständliche Sozialleistungen war man nicht gewöhnt (Sozialabgaben wie Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung waren erheblich niedriger).

 

Bliebe noch die Titelüberschrift zu beantworten, nämlich ob wirtschaftliches Wachstum wirklich notwendig ist.

 

In Ländern wie Deutschland, Österreich und anderen hochentwickelten europäischen Ländern ist Wirtschaftswachstum tatsächlich notwendig. Es gibt kleine Randgruppen der Bevölkerung, die das verneinen und bewusst „konsumabstinent“ leben, jedoch nicht völlig auf Sozialleistungen (auch diese sind ja eine Art von Wohlstand) verzichten wollen. Man kann auf vieles verzichten z.B. auf bestimmte Lebensmittel (Stichwort: Erdbeeren im Winter), Modetorheiten, auf Fernsehen, Auto… ja selbst auf das „Handy“ - irgendwann braucht aber fast jeder einen Arztbesuch und der ist durch den dahinterstehenden Gesundheitsapparat nun einmal teurer als in ärmeren Ländern.

 

Es wurde eingangs bereits angedeutet, dass es in der Volkswirtschaft unterschiedliche Theorien darüber gibt, ob ein ständiges Wachstum der Wirtschaft möglich ist. Diese Theorien gehen teilweise von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus, z.B.:

 

► Wirtschaftswachstum und Beschäftigungssicherung

► Moralische Wirkungen des Wirtschaftswachstums

► Wirtschaftswachstum als Wunschvorstellung

 

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf die einzelnen Gesichtspunkte und Vertreter einzelner Theorien einzugehen – einige Voraussagen sind jedoch erlaubt:

 

1). Ständig weiter wachsendes Wirtschaftswachstum führt zu Ungleichheiten innerhalb einer Gesellschaft, wie wir sie in vielen Ländern bereits deutlich spüren – der Unterschied zwischen arm und reich wird größer.

 

2). Die Überschreitung der verfügbaren ökologischen Ressourcen könnte ein Ende des Wachstums bedeuten. Dies muss aber aus zwei Gründen nicht unbedingt eintreten: a) können Ressourcen u.U. durch innovative Entwicklungen eingespart werden, b) kann Wirtschaftwachstum auch immateriell durch Dienstleistungen entstehen, wobei sich allerdings die Frage stellt, wie diese Dienstleistungen bezahlt werden.

 

3). Wir haben bisher keine Vergleichsmodelle auf die wir uns beziehen können – wir wissen ja nicht, ob wir uns derzeit in einer mittleren Phase der Wirtschaftsentwicklung befinden, oder ob ein Endpunkt kurz bevor steht.

 

Der Autor dieses Beitrags ist m. E. eher optimistisch: eine bevorstehende Ressourcenverknappung ist vermutlich ohne ökologische Folgen durch innovative Forschung überwindbar. Die postulierten Ungleichheiten zwischen arm und reich können wahrscheinlich (wenn auch nicht vollständig) durch soziologische Veränderungen gemildert werden, wobei es wichtig ist, dass dies nicht nach ideologisch ausgerichteten Vorstellungen (z.B. radikale Umverteilung) geschieht – ideologische „Zwangsmaßnahmen“ führen allenfalls zu einer Pseudogleichheit, auf jeden Fall jedoch zu enormen Spannungen innerhalb der Gesellschaft.

 

Alle ideologisch ausgerichteten Modelle, inbesondere nach kommunistischem Vorbild, haben bekanntlich versagt und werden auch in den derzeit noch bestehenden kommunistischen Gesellschaften (z.B. Nordkorea oder Kuba) versagen. 

 

(11.3.2014)

 

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