Tiroler Land du warst so schön, so schön…vor der „verdichteten“ Bauweise

 

 

 

"Tirolerland" - (c) Alfred Rhomberg, Foto

 

Landschaften sind zum bebauen da – wozu sonst? In Tirol sind Wohnungen so teuer, weil den Baugesellschaften sehr viel nutzbare Landschaft durch die Berge – die für Baugesellschaften nicht zu den Landschaften gerechnet werden – weggenommen wird. Berge dieses Ausmaßes abzutragen um Nutzflächen zu schaffen, wäre eine Möglichkeit, die aber als zu teuer gilt, deshalb greift man vorzugsweise zu anderen Maßnahmen.

 

Am erfolgversprechendsten ist die Abschaffung der Landwirtschaft. Große Kühe werden zunehmend durch handliche kleine Ziegen ersetzt, die frau/man auch auf einem Kleingartengrundstück halten kann, wobei zusätzlich ein höherer kostendeckender Milchpreis erwirtschaftbar ist als mit Kuhmilch. Maisfelder werden ebenfalls abgeschafft, weil man keinen Gen-Mais anbauen darf und genfreier Mais sowieso vom Maiszünsler vernichtet würde. Polenta (Maismehl), Brot, Semmeln oder Speck kann problemlos im Supermarkt gekauft werden, Heu wird wegen der abgeschafften Kühe immer weniger gebraucht und im übrigen ist fast alles importierbar. Natürlich sollten diesen Importen auch irgendwelche Exporte gegenüber stehen, das ist aber kein wirkllich gravierendes Problem, weil derzeit große Mengen an AkademikerInnen und FacharbeiterInnen herangezüchtet werden sollen, sodass wir in Zukunft nur noch innovativ denken und unsere Innovationen dann exportieren können.

 

Ein nicht wegleugbares Problem sind die Wälder mit ihrem relativ großen Platzbedarf. Man könnte sie zwar durch platzsparende Bonsai-Wälder ersetzen, diese würden jedoch auch nur bonsaiartige Holzpellets zum Heizen liefern, was im Winter eine nachhaltige Heizung auch für abgehärtete TirolerInnen unattraktiv macht. Das für Möbel und sonstige unsinnige Verwendungen gebrauchte Holz würde bei Bonsaiwäldern zudem zu Versorgungsengpässen führen, aber dafür gäbe es ja IKEA und ansonsten ist auch hier der Import oberstes Gebot für nachhaltige Lebensweise. Hauptsache ist, Österreich – und im kleinen gesehen Tirol, lebt vor, was China und die USA nachmachen sollen.

 

Eine besonders nützliche Maßnahme ist die „verdichtete Bauweise“ in Dörfern, Städten, Landschaften bzw. überall dort wo man keine Hochhäuser bauen darf. In diesem Punkt haben Städte wie New York, Shanghai, Frankfurt und neuerdings auch Wien gewisse Standortvorteile, weil die Errichtung von Hochhäusern dort erlaubt ist. Die Tiroler haben sich für ihre Dörfer für eine verdichtete Bauweise entschieden, die zweigeschossige Häuserblöcke mit Dachwohnungen vorsieht. Das Resultat dieser Bauweise führt zwar zu gefängnisartigen Wohnblöcken, deren einziger Luxus darin besteht, dass Küche und Wohnraum vereint sind (Toiletten sind vorläufig noch abgetrennt). Die früher üblichen Balkone werden durch Terrassen ersetzt, von welchen aus frau/man die Lebensgewohnheiten der Nachbarn mühelos beobachten kann, was Fernsehen und Kinobesuche erspart. Die verdichtete Bauweise erlaubt es auch, durch das geöffnete Fenster die neuesten CD-Hits der Nachbarn völlig gratis anzuhören – kurz, diese Bauweise bietet so viele Vorteile, dass inzwischen selbst extrem hohe Kosten zum Erwerb solcher Wohnungen in einem verdichteten Areal in Kauf genommen werden.

 

Selbstverständlich muss auch an den Tourismus gedacht werden. Die NormaltouristInnen schickt man in die für Baugesellschaften nutzlosen Berge, ErlebnistouristInnen in gletscherspaltenreiche Gletscher im Hochgebirge, die es trotz des Klimawandels immer noch gibt und für leistungsschwache TouristInnen wurden Nordic Walking Pfade angelegt, die an genau bezeichneten kleinen Landschaftsinseln vorbeiführen. Durch angebrachte Spiegel wird das Panoramaerlebnis erhöht, wie dies durch das vom Autor garantiert nicht manipulierte Blogbild des Beitrags gezeigt wird.

 

P.S. Noch immer sieht man vereinzelt ein paar hübsche, aber traurige Kühe in ebenso vereinzelten Restlandschaften herumstehen, die um ihre Zukunft bangen. Wer noch einmal eine echte Kuh sehen möchte, sollte umgehend mit einem Tourismusverband Kontakt aufnehmen. Auch Urlaube am Bauernhof wird es bald nicht mehr geben – landwirtschaftsinteressierte TouristInnen werden in nicht all zu langer Zeit ihren Urlaub auf einer texanischen Weizenfarm buchen müssen.

 

(2010)

 

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