Euroland ohne Euro – das "Stronach-Paradies"
Niemand bezweifelt die Managementfähigkeiten von Frank Stronach, der als gelernter Werzeugmaschinenmacher nach einem Jahr Schweizaufenthalt 1954 mit 200 Dollar in der Tasche auswanderte und in Kanada sein Imperium des Magnakonzerns aufbaute. Er ist heute in der Schweiz, Canada und Österreich(?) domiziliert und gehört zu den reichsten Schweizern. Dann besann er sich auf seine österreichischen Wurzeln. Die wenigsten wissen, dass Stronach nicht in allen seinen zahlreichen, sehr unterschiedlichen Unternehmungen erfolgreich war – das ist bei einem Unternehmer von der Klasse eines Frank Stronach auch nicht anders zu erwarten – etwas Risikobereitschaft gehört ganz einfach zu einem guten Unternehmer und wer bereits „gesettelt“ ist, den bringen auch kleinere Fehlschläge nicht mehr aus dem Lot. Die „Igler Reflexe“ wollen sich nicht mit den vielschichtigen Unternehmungen Stronachs befassen, sondern nur den Sinn bzw. Unsinn seiner geplanten politischen Aktivitäten in Österreich näher betrachten.
Zunächst schaltete Stronach in der bekannt eurokritischen Boulevardzeitung „Kronenzeitung“ mehrseitige, mit seinem Porträtfoto und der Signatur des Instituts versehene Inserate, in denen er eine „Revolution für Österreich“ forderte. Anfang 2012 erschien in der Sonntagsbeilage dieser Zeitung eine eigene Kolumne „Franks Welt“, noch wollte Stronach jedoch nicht selbst in der Politik aktiv werden. Diese Meinung hatte sich dann geändert - Stronach wollte 2013 mit einer eigenen Partei in den österreichischen Wahlkampf ziehen. Die Chancen ins Parlament einzuziehen waren gar nicht so schlecht, wenn auch nicht mit dem von ihm prophezeiten „10 Prozent“ Ergebnis. Die Kronenzeitung, die sich als „meistgelesene“ Zeitung nicht nur selbst so beschreibt, sondern leider auch ist, erreicht viele Gehirne Österreichs, darunter auch solche, die nach wie vor ihren geliebten „Schilling“ zurückhaben wollen und weil die Freiheitliche Partei Österreichs unter H.C. Strache für viele als zu „impertinent“ galt bzw. die übrigen Parteien (einschließlich der Regierungsparteien) nicht viel zu bieten hatten, würde es sich mit einer Stronachpartei schon irgendwie „ausgehen“.
In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) v. 12.8.2012 „Der Ausnahmezustand Europas“ wird Europa u.a. vor den „Europarettern“ gewarnt, zu denen Frank Stronach zweifellos gehört. Eine Leiterin des „Stronachintitutes“ meinte unlängst im Radiosender OE1, der Euro ließe keine Konkurrenz zu, sodass (sinngemäß) nur nach Abschaffung des Euro wieder innovative Konkurrenz möglich wäre. Das sind Worte ohne jegliche Substanz: Griechenland wird ohne den Euro nicht innovativer, das gleiche gilt für andere europäische Staaten, die infolge zu hochgeschraubter Sozialvorstellungen und interner Schlampereien ihre Innovationskraft eingebüßt, bzw. den wirtschaftlichen Anschluss verloren haben. Auf der anderen Seite sind die USA mit 300 Millionen Einwohnern trotz einheitlicher Währung und durchaus unterschiedlicher sozialer Verhältnisse in den einzelnen Staaten hochinnovativ. Da kann es doch nur schief gehen, wenn sich Europa in ein Konglomerat mit kleinen Währungen, die zum Spielball der Währungsspekulanten werden, zurückkatapultiert. Selbst die relativ große Währung des Britischen Pfund und damit das damals noch „eurolose“ Europäische Wirtschaftssystem (EWS) konnte durch einen einzigen Spekulanten (George Soros) 1992 fast zum Einsturz gebracht werden.
Anm.: Auch George Soros gehört zu den Europa- bzw. Euro Skeptikern, wobei er allerdings – vermutlich zu Recht – den extremen Sparwillen Deutschlands ankreidet. Man sollte dabei nie vergessen, dass die Weltwirtschaftkrise durch den „schwarzen Freitag“ – eigentlich „schwarzen Donnerstag“ (Börsenabsturz am 24 Oktober 1929) zwar eingeleitet, jedoch durch die zu frühe Rückkehr zum „Sparen“ Anfang der Dreißigerjahre ihren verheerenden Verlauf nahm.
Man stelle sich ein Land wie Griechenland mit abgewerteter Drachme vor (nur durch Abwertung könnte das Land erfolgreich exportieren), wenn viele notwendige zur Produktion wichtige Importgüter (z.B. Rohstoffe) zu hohen Preisen eingeführt werden müssten. Die ohnehin bereits niedrigen Löhne müssten deshalb weiter drastisch sinken, um exportfähig zu werden. Denken wir auf der anderen Seite an die reiche Schweiz, die derzeit als sicherer Hafen so viel Geld anzieht, dass der Franken unverhältnismäßig hoch gestiegen ist und viele Firmen deswegen um ihre Exportfähigkeit fürchten. Ein Teil der Bevölkerung Deutschlands und Österreichs trauern ihrer harten DM bzw. dem ATS nach, wobei letzterer bekanntlich erst durch seine Anbindung an die DM stark wurde, als eine ausgeglichene Handelsbilanz zwischen den beiden Ländern erreicht werden konnte.
Beide Länder haben vom Euro am meisten profitiert - wenn Europa jetzt zu einem Währungstrümmerfeld würde, das inzwischen vorsichtig auch von Finnland unterstützt wird, verliert Gesamteuropa gegenüber allen großen Wirtschaftblöcken (USA, China, Indien, Russland, Südkorea, Brasilien etc.) seine derzeit noch vorhandene Innovationskraft und würde zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Da sowohl in Deutschland, als auch in Österreich zudem ein gravierender Mangel an FacharbeiterInnen und wirklich erstklassigen HochschulabsolventInnen herrscht, wäre es mit der Wettbewerbsfähigkeit bald vorbei. Gute FacharbeiterInnen und HochschulabsolventInnen wandern zunehmend aus, übrig bleibt ein eher dürftiger Bestand von zum Teil in diesem Ausmaß überflüssigen JournalistInnen und PsychologInnen, wie der Neuzugang an Studierwilligen dieser Fächer dieses Jahr in Wien neuerlich zeigt.
Denken wir lieber über sinnvolle Auswege als über sogenannte „Plan B“ Pläne nach, die sich zudem in den europäischen Ländern voneinander stark unterscheiden.
Die im zitierten FAZ Artikel vertretene Meinung, „eine politische Union sei nicht mehr als eine Phantasie von Dichtern“, teilt der Autor dieses Betrags nicht. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg hätte vermutlich jeder das heute Erreichte ins Land der Dichtkunst verwiesen.
Stattdessen haben einige Persönlichkeiten die Basis dafür gelegt, dass kriegerische Auseinandersetzungen innerhalb Europas bisher ausgeblieben sind. Die EU als Gesamtgebilde war bisher auch stets der Garant dafür, dass sich kriegerische Auseinandersetzungen mit anderen Machtblöcken vermeiden ließen. Wollen wir das alles aufgeben? Einige Phantasten bzw. „Europaretter“ neigen dazu, den Zerfall der Europäischen Union in Kauf zu nehmen.
Der einzige Ausweg ist, eine politische Union nach dem Vorbild der USA zu schaffen, eine Union die sich als einziges System der Welt letztlich seit 1789 bewährt hat. Die Aufgabe vieler Souveränitätsrechte mag für Europäer aufgrund ihrer komplizierten, nicht gerade rühmlichen Geschichte schmerzlich sein, ein Blick in die USA zeigt jedoch, dass die einzelnen Staaten durchaus föderale Rechte haben und in wichtigen Dingen trotzdem an einem Strang ziehen. Nicht umsonst hat der junge Alexis de Toqueville in seinem Buch „Über die Demokratie in Amerika“ (1835/1840, also ca. 45 Jahre nach der französischen Revolution) diese Demokratieform analysiert und gepriesen - es lohnt sich, dieses Buch zu lesen.
Es ist allerhöchste Zeit über unseren Schatten zu springen, wenn wir in einer globalisierten Welt nicht auf der Strecke bleiben wollen. Die "Stronachpartei" splitterte sich zunächst in einzelnen Bundesländern Österreichs immer mehr auf und verschwand auf Bundesebene 2016 endgültig, nach dem sich Stronach sich aus seinen politischen Funktionen schon vorher zurückgezogen hatte.
(17.8.2012, korr. 2013, redigiert 2017)