Die Feiertagsentsorgung
Nach einer mehr oder weniger befriedigend verlaufenen Abfolge von Feiertagen, steht frau/man vor dem Problem der systematischen Entsorgung dieser Feiertage. Das hört sich leicht an, wer sich jedoch an eine im Leben (un)verzichtbare Ordnung hält, gerät oft in Gewissensnöte, zumindest steht sie/er vor dem Problem, das bisher angewendete System jährlich in Frage zu stellen. Grundsätzlich ist jedes Ordnungssystem ja „durch die Menge aller zur Indexierung der Dokumentationseinheiten zugelassenen Deskriptoren mit den dazugehörigen Erläuterungen und Hinweisen“ (Zitat Wikipedia) definiert. Ich habe mich jedenfalls bisher weitgehend an diese Grundregeln gehalten – und doch packen mich jedes Jahr wieder Zweifel.
Was die Dokumentationseinheiten betrifft, so muss z.B. im Falle von Weihnachten an die materiellen und immateriellen Werte als Dokumentationseinheit gedacht werden, wobei die Frage der materiellen Werte relativ einfach beantwortbar ist: Geschenke werden entweder ver- bzw. gebraucht, umgetauscht, weiterverschenkt (oder seltener: weggeworfen). Neuerdings gibt es sogar "Geschenksverkaufsbörsen", an denen die noch mit Geschenkpapier verpackten Geschenke weiterverkauft (versteigert?) werden können. Geschenksgutscheine und umzutauschende Geschenke verschieben das Problem nur, unterliegen einige Wochen später jedoch der gleichen Problematik wie die oben genannten materiellen Werte, wobei der Umtausch normalerweise dann nicht mehr möglich ist und eine neue Entscheidung verlangt. Einfacher ist dies mit Geldgeschenken, diese lassen sich meist mühelos auf irgendein bereits vorhandenes Konto einzahlen – eine endgültige Lösung ist dies jedoch nicht, weil es auch wieder nur zu einer Aufschiebung des Problems führt – im schlimmsten Fall bei Einzahlung in einen Bausparvertrag zur lebenslangen Finanzierung eines Wohnobjektes.
Zu den materiellen Werten gehören ferner auch regelmäßig verwendete Utensilien wie Christbaumständer, Weihnachts- und Krippenschmuck, bei denen die Einordnung in bereits vorhandene Ordnungssysteme, z.B. beschriftete Schachteln üblich ist. In diesem Fall sollte lediglich auf die Beschriftung (Deskriptoren?) geachtet werden, weil Erzengel oder bunte Glaskugeln nichts in einer für Ostern vorgesehenen Schachtel zu suchen haben, obwohl beide Anlässe irgendwie zusammenhängen - zu Weihnachten aufgestellte Osterhasen jedoch zumindest für Verwirrung sorgen.
Die immateriellen Werte sind im Falle von Weihnachten oder Ostern schon einfacher zu behandeln – die Basiswerte sind bereits durch Deskriptoren geordnet in der Bibel nachlesbar, persönliche immaterielle Werte (positive und negative), also Erinnerungen müssen leider der synaptischen Verarbeitung in unserem Gehirn oder - im Falle von Familienfotos aber irgendeinem Ordnungssystem unterworfen werden, das möglichst nicht von Windows „eigene Bilder“ verwaltet wird(1). Bei „Pfingsten“ sind die materiellen Werte normalerweise gering und die immateriellen Werte selbst regelmäßigen Kirchenbesuchern oft unbekannt, weshalb sie anlässlich einer Pfingstmesse stets besonders exakt erklärt werden. Wer zur Einordnung für Pfingstutensilien eine zu große Schachtel vorgesehen hat, wird jedes Mal bei Einordnungsversuchen durch sein Ordnungssystem irritiert, das gleiche gilt für viele – wenn nicht sogar die meisten Feste des Kirchenjahrs. Ausgenommen sind selbstverständlich einmalige Feste wie Erstkommunion, Firmung, Hochzeit, Tod, wobei zumindest im letzteren Fall das Problem anderen überlassen werden kann. Ansonsten können materielle Werte zu diesen Anlässen in einer einzigen Schachtel eingeordnet werden, die dann allerdings besonders sorgfältiger Deskriptoren (plus Erläuterungen und Erklärungen) bedürfen, mit Ausnahme von Hochzeiten jedoch nur selten im Leben geöffnet zu werden brauchen. Fotos sind wieder (wie oben angedeutet) in einem anderen Ordnungssystem (mit Deskriptoren, Erläuterungen etc.) zu verwalten. Für Ehescheidungen bedarf es keiner Schachteln, sondern lediglich handelsüblicher Ordner für Gerichtsunterlagen und sonstige Vereinbarungen. Ehescheidungsfotos fallen normalerweise nicht an, weshalb wegen der grundsätzlichen Einfachheit der Ordnungsprinzipien bei solchen Anlässen (Feste kann man sie ja nicht nennen) von Ehescheidungen vielleicht so viel Gebrauch gemacht wird.
Die Einordnung nationaler Feitage erfordert ganz besonderes Fingerspitzengefühl: den österreichischen Nationalfeiertag in die gleiche Schachtel wie Hitlers Geburtstag einzuordnen wäre ein unverzeihlicher Fehler, der aber durch entsprechend ausführliche gehaltene aufgeklebte Deskriptoren mit entsprechenden Hinweisen und Erläuterungen als „geschichtliche Fundgrube/ Komparatistik“ ähnlich den vergleichenden Literaturwissenschaften (Komparatistik) etwas entschärft und zu einer vererbbaren geschichtlichen Fundgrube werden kann.
Bei anderen Fest/Feiertagen ist die Bandbreite der Einordnungsmöglichkeiten dem jeweiligen Anlass entsprechend, sehr groß. Gewonnene Siegestrophäen sportlicher Ereignisse werden gewöhnlich zur Verschönerung des Wohnungsinventars offen zur Schau gestellt, obwohl sie aufgrund ihrer Hässlichkeit in Schachtel verpackt besser aufgehoben wären – das Gleiche gilt meist für die auch nicht immer geschmackvollen Trophäen für Filmpreise. Schützen- und Schuhplattlervereine hängen ihre Auszeichnungen in Vereinslokalen auf – das ist ein nicht wegleugbarer Vorteil solcher Vereine, weil dadurch die privaten Räumlichkeiten verschont werden. Kleintierzuchtpreise sind meist wieder eher personen- und nicht vereinsbezogen (in keinem Fall kleintierbezogen). Hier vernünftige Ratschläge zu geben, wäre wenig sinnvoll, umsomehr als es selten zu „Entsorgung“ einmal gewonnener Trophäen kommt.
Zum Abschluss wieder ein Wikipediazitat:
Die Größe eines Ordnungssystems ergibt sich aus der Anzahl der in ihm enthaltenen verbindlichen Deskriptoren. Enthält es neben den Deskriptoren weitere ergänzende Vokabeln sowie viele Erläuterungen und Hinweise, so spricht man von einem gut ausgebauten bzw. komfortablen Ordnungssystem.
Es ist zu hoffen, dass Sie über ein „gut ausgebautes bzw. komfortables Ordnungssystem“ bereits verfügen – in diesem Falle hätten Sie den vorangegangenen Text vielleicht gar nicht lesen müssen.
(3.1.2015, redigierte Version v. 2013)
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(1) Die Fotoordner neuer Windowssysteme nehmen dem Anwender viel Arbeit ab, die er dann später wieder in vermehrtem Maße braucht, um irgend ein Foto wiederzufinden. Mit künstlich angelegten Ordnern bzw. entsprechenden „Deskriptoren“ ließe sich dieser Missstand zwar vermeiden, ich kenne jedoch nur wenige, die davon Gebrauch machen. Jedes neue Betriebssystem hat etwa so viele Vor- wie Nachteile, wobei ich persönlich immer zuerst nach den Vorteilen suche, weil sich die Nachteile sowieso bald bemerkbar machen – der wesentliche Vorteil jedes neuen Betriebssystems ist, dass es „neu“ ist.