„Ich muss euch sagen, es weihnachtet (zu) sehr!“ - Tatort Weihnachten
Theodor Storm, aus dessen Lyrik die Überschriftzeile in abgewandelter Form entnommen ist, würde heutzutage nicht von drauß’ vom Wald herauskommen, weil er die moderne Form vorweihnachtlicher Grauslichkeiten als Vorstufe zum Fegefeuer empfände.
Es beginnt, dass ich morgens um 9 Uhr in einem kleinen Supermarkt mit „Stille Nacht, heilige Nacht“ empfangen werde, obwohl ich nur einen Camembert, Brot und etwas Obst kaufen will und in einer Gegend wohne die eigentlich eher ein weihnachtliches Schongebiet ist.
Begibt man sich dann in die Einkaufsstraßen der nahegelegenen Stadt, so fällt als erstes auf, dass die in den Geschäften angebotenen Waren keineswegs qualitätsvoller, schöner oder irgendwie weihnachtlicher als sonst sind, sie wurden nur mit weihnachtlichem Dekor so schamvoll ummantelt, dass die schlechte Qualität etwas schwerer zu erkennen ist.
Besonderer Tatorte der Vorweihnachtszeit sind die Christkindlmärkte
Der Geruchsmix aus Glühwein, Punsch, heißen Würsteln und gebratenen Kastanien, der in kleinen Dosierungen erträglich ist, überschreitet in den immer größer werdenden Christkindlmärkten mit Sicherheit alle gesundheitlich zugelassenen Grenzwerte für Atemluft – aber es ist ja Weihnachten bzw. es wird in ein paar Wochen Weihnachten und die vorweihnachtlichen Bemühungen der Geschäftsleute werden von den Touristikmagern darin unterstützt, ihr Vorjahresbetriebsergebnis möglichst zu übertreffen. Die „Vorweihnachtszeit“ reicht deshalb bis weit in den November hinein - das neue Jahr fängt dann betriebswirtschaftlich mühsam an, weil die zahlreichen Umtauschaktionen und das Einlösen von Geschenksgutscheinen noch in das Betriebsergebnis des vergangenen Jahres fallen.
Wir könnten uns die Frage stellen, warum die in den Boutiquen und Kaufhäusern angebotenen Produkte unbedingt vor Weihnachten gekauft werden müssen. Als Geschenk? Der Werbung insbesondere der Fernsehwerbung gelingt es ja inzwischen, selbst die trivialsten Produkte als weihnachtliches „Muss“ anzubieten: Staubsauger, Einbauküchen und vor allen Dingen ….Smartphones! Smartphones sind die absoluten Renner des Weihnachtsgeschäftes, dabei sind solche Geschenke zu Weihnachten fast so fantasievoll wie es früher das Geschenk einer neuen Krawatte war – nur etwas teurer aber dafür ist der Prestigewert ungleich höher! Und dann gibt es die "persönlichen" Geschenke, wie z.B. eine „romantische Hüttenübernachtung mit Fondue für 2 Personen“ oder Wellness- & Beauty sets und vieles mehr, bei dem ein Zusammenhang zu Weihnachten nur mühsam zu konstruieren ist.
Und natürlich Musik CD’s – normale Weihnachtslieder (eher selten), Weihnachthits von Schlagerstars (Kitsch bis zu POP-ROCK, nach dem Motto einer bekannten Fernsehwerbung: „Die Weihnachtstage sind die stillsten Tage des Jahres“).
Bei Büchern ist Vorsicht geboten: manche haben bereits einige Bücher! Aber „die kleine Weihnachtsküche“ oder „Das große Weihnachtsbuch“ gehen immer und natürlich Bastelbücher - nur das Buch „Wir basteln uns eine größere Wohnung“ habe ich vergeblich im Angebot gesucht. eBook-Geräte oder wenigstens eBooks zum downloaden liegen sehr im Trend und haben den Vorteil, dass man die Auswahl der/dem Beschenkten selbst überlassen kann.
Ansonsten gilt (wie oder was auch immer):
„Es ist schön, den Augen dessen zu begegnen, dem man
soeben etwas geschenkt hat“.
(Jean de la Bruyère 1645-1696, französischer Schriftsteller)
P.S. Bitte auch an die lieben Vierbeiner denken! Laut Fernsehen sollten sie gleichfalls zu Weihnachten mit Leckerbissen und Spielzeug beschenkt werden - auch hier die Geschenke bitte in Geschenkpapier einpacken, sie lieben es, ihre Geschenke selbst zu öffnen!
(10.12.2014)