Das amöboide Publikum – das Versagen der Mengenlehre

 

 

Amöbe (c) Wikipedia,französische Zeichnung um 1900, Copyright in den meisten Ländern erloschen (älter als 70 Jahre)

 

 

 

Du bist nicht dumm,

er ist nicht dumm,

(und sie schon gar nicht)

wir alle sind nicht dumm -

und trotzdem sind wir das Publikum.

 

(die Mehrzahl von Publikum gibt es nicht, daher also auch keine klugen und weniger klugen Teilmengen )

 

Der Versuch das Problem „Publikum“ mathematisch, also nach den Regeln der Mengenlehre zu lösen

 

Georg Cantor (1874 – 1897) formulierte 1895 die folgende Mengendefinition:

 

„Unter einer „Menge“ verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten in unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die „Elemente“ von M genannt werden) zu einem Ganzen.“ (Georg Cantor)

 

Das „Publikum“ ist aber keine Zusammenfassung wohlunterschiedener Mengen (M) – daher wäre die Mengenlehre nicht anwendbar, wenn wir nicht die oben verwendete Mehrzahl „Publikümmer“ verwendeten. In diesem Fall gäbe es z.B. Schnittmengen von solchen, die Hansi Hinterseher mögen und solchen die Fußball lieben - oder gar solchen, die J. S. Bach vorziehen – diese Vorlieben könnten sich ja zumindest teilweise sogar überlappen - mit anderen Worten: Schnittmengen bilden! Es gäbe dann aber auch Mengen, die keinerlei Schnittmengen besäßen – z.B. eine Menge, die einem Song-Contest und eine andere Menge, die einem ARD-Wettbewerb für hochtalentierte klassische MusikerInnen zuhört.

 

Leider gibt es im Deutschen keine Mehrzahl von Publikum, es sei denn, frau/man würde auf die lateinische Form „publica“ ausweichen, was erstens kein deutsches Wort wäre und auch nicht das träfe, was hier gemeint ist.

 

Die Mengenlehre ist daher aus Gründen der deutschen Grammatik keine geeignete Lösung des Publikum-Problems!

 

Wie müssen wir uns daher das Publikum vorstellen?

 

Am ehesten würde ein amöboider Zustand das Wesen des Publikums treffen – Amöben sind bekanntlich Einzeller, deren Gestalt sich kriechend (oder schwimmend) ständig verändert.

 

Das würde viele Probleme lösen:

 

Ich könnte mir z.B. ein Fußballspiel anschauen und anschließend eine Bachsonate anhören – oder (sehr unwahrscheinlich) einem Fußballspiel zusehen und dabei gleichzeitig mit einem ausgestreckten Amöbenfuß, eine Bachsonate (oder vielleicht etwas wahrscheinlicher einen Pop-Hit) im MP3-Player anhören.

 

Die Vorstellung des Publikums als amöboide Gestalt würde unglaublich viele Möglichkeiten zulassen, z.B. die Buddenbrooks von Tomas Mann zu lesen und gleichzeitig dabei an einen pornographischen Film zu denken (etwas pervers – aber zumindest theoretisch denkbar).

 

Facit: Die amöboide Vorstellung eines Publikums würde sogar zulassen, dass frau/man sich geistig verändert, also sogar Lernprozessen zugänglich ist.

 

 

(15.2.2013) 

 

 

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