Flaschenpost

 

 

Flaschenpost - © Alfred Rhomberg

 

 

Ich war mit vielen Dingen auf dieser Erde nicht einverstanden – alle Versuche, dies zu ändern, fruchteten nichts – meist sogar noch weniger. An alle höheren Instanzen des Globus hatte ich mich bereits gewandt, sogar an einen Papst, der allerdings für sein Schweigen in wichtigen Dingen bekannt war. In meiner Verzweifelung schrieb ich die Dinge auf ein großes Blatt Papier, steckte es in eine Flasche und überantworte diese dem Meer – irgendwer würde irgendwann wissen, dass ich mit den Dingen nicht einverstanden sei. Als ich wieder einmal einen meiner Strandspaziergänge machte, sah ich wie meine Flasche zurücktrieb – an ihrer besonderen Form erkannte ich schon von weitem, dass es meine Flaschenpost war und wurde traurig, dass auch diese Botschaft ungelesen verhallte. Trotzdem wartete ich bis eine Welle sie an den Strand gespült hatte. Sie enthielt nicht mehr jenes große Stück Papier, dem ich anvertraut hatte, mit den Dingen dieser Erde nicht einverstanden zu sein – in meiner Flasche fand ich stattdessen nur ein winziges Stück vergilbtes Papier mit zwei kurzen lateinischen Botschaften:

 

/Non/ sapere aude!– Wage es /nicht/, deinen Verstand zu gebauchen! und: verte!– Wende das Blatt!

 

Nachdem ich mit der ersten Botschaft nicht viel anfangen konnte – die Schrägstriche irritierten mich, folgte ich der zweiten Aufforderung und fand auf der Rückseite die Botschaft:

 

►  Multae sunt causae bibendi – Es gibt viele Gründe, zu trinken.

 

(Neufassung 15.8.2018)

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