dimensionslos

 

 

dimensionslos auf den Punkt gebracht (c) Alfred Rhomberg

 

 

Er war dabei, sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Langsam streifte er eine Dimension nach der anderen ab – sein Ziel war die absolute Dimensionslosigkeit – sich sozusagen auf den Punkt zu bringen. Er stellte sich seine Existenz als Punkt äußerst einfach vor. Die Dimensionslosigkeit würde ihm hohe Mietkosten ersparen und auch sonst würde er keine Bedürfnisse haben, die irgendwie mit finanziellen Nöten in Zusammenhang zu bringen wären. Es war ihm klar, dass er auch auf einiges würde verzichten müssen – wer denkt schon an negative Folgen, wenn man dabei ist, einen Lebenstraum zu verwirklichen. Vorläufig standen eher die positiven Aspekte im Vordergrund. So würde er z.B. als Prozentpunkt vielleicht sogar eine wichtige Rolle in der Wirtschaft beim Wirtschaftswachstum spielen, leider auch bei der Zahl der Arbeitslosen. Auch ein grammatikalischer Punkt, um zwei geschriebene Sätze zu trennen, ist oft nützlicher als viele denken. Besonders verantwortungsvoll schien ihm seine Funktion als Schwerpunkt zu sein, wenn z.B. Politiker, Manager oder Philosophen etwas „auf den Punkt bringen“. Meist findet frau/man danach nichts Spektakuläres mehr – das würde er als Punkt ändern. Seine Funktion als Massepunkt in der Physik war ihm vorläufig noch zu unverständlich. Gerade hatte er die letzte Dimension abgestreift, als ihm (leider zu spät) einfiel, nicht bedacht zu haben, dass auch Gedanken an materielle Voraussetzungen (Synapsen, chemische Neurotransmitter und vieles mehr) gebunden sind. Daher brachen seine weiteren Gedanken an dieser Stelle ab. Alles was von ihm übrig blieb, war eine minderwertige Funktion als Punkt in einem Koordinatensystem – irgendwo dort angesiedelt, wo ihm die X-Achse und die Y Achse einen eher beliebigen Platz zuwiesen.

 

Wieder war ein Lebenstraum zerbrochen.

 

 

(6.4.2012)

 

 

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