Die Welt ist ein Hammelbraten

 


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„Die Welt sei ein Hammelbraten“, pflegte die Phantasie zu sagen und wenn sie gefragt wurde, wie sie zu dieser Ansicht gekommen sei, zuckte sie mit den Achseln. Sie ließ sich auch nicht darauf festlegen, ob sie die Welt mit einem Hammelbraten nur vergleiche oder als solchen empfand. Man soll in solche niederrangige Phantasien nicht tiefer eindringen – es bringt nichts, außer dass die eigene Phantasie möglicherweise angeregt wird. Im Internet findet man dazu nur Hammelbratenrezepte von „einfach“ bis „schwierig“, jedoch nichts was den Vergleich mit der Welt zuließe – also zurück zur eigenen, höher eingeschätzten Phantasie.

Hammelbraten ist für die einen ein delikates Gericht (je nachdem, wie zubereitet) oder nur widerlich (für Veganer). Dies wäre ein erster Ansatzpunkt dafür, dass die „Welt“ unterschiedlich beurteilt werden kann. Tatsächlich lässt sich die Welt sehr unterschiedlich interpretieren, je nach katholischer, evangelischer, muslimischer, buddhistischer, romantischer, marxistischer, nihilistischer, neohegelianischer, sozialistischer, behaviouristischer, abstrakter, ganz normaler oder nicht normaler naturwissenschaftlicher Sicht. Es gibt jedoch auch darüber hinaus gehende Sichten, z.B. ob die Welt von einem Menschen oder einem Hund (Elefant, Stechmücke, Politiker etc.) betrachtet wird. Unserer Phantasie fällt ferner sofort ein weiterer Gesichtspunkt ein: ob es überhaupt eine „Welt“ gibt und wenn: „warum“?. Bei dem „warum“ muss jede Phantasie eine Gangart höher schalten um dann irgendwann doch feststellen zu müssen, das dieses „warum“ auch von einer sehr hochrangigen Phantasie nicht gelöst werden kann. Wie sich die Phantasie diesem Problem auch immer nähern mag, sie muss scheitern. Irgendeiner höherrangigen Phantasie gelang dann doch einmal der grandiose Vergleich (wieder) mit einem Hammelbraten, das „warum“ sparte sie vorläufig aus – auch eine höherrangige Diplom-Phantasie kann nicht alles auf einmal lösen. Sie warf rasch eine ungefähre Skizze auf die Ceranplatte eines Küchenherdes mit einem weißen Reinigungsmittel, um die bisher angedachten Gedanken wenigstens optisch festzuhalten. Alles weitere würde ihr dazu später schon irgendwann einfallen.


(22.06.2010)

 

Skizze auf einer Ceranplatte (Cleaning I) - © Alfred Rhomberg
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