Der Nutzen von Wirtschaftprognosen – eine Kritik

 

 

(c) Karikatur aus "Die Presse", Oktober 2002, Text: Experten des Wifo-Instituts prognostizieren für heuer laufende Veränderungen ihrer Prognosen

 

 

Lassen sich zukünftige Wirtschaftsverläufe prognostizieren?

 

Theoretisch ja, in der Praxis lassen sich zukünftige Entwicklungen nicht vorbehaltlos prognostizieren und trotzdem werden wir medial von den Prognosen angesehener Institute verängstigt. Es besteht kein Zweifel, dass die „Fünf Weisen“ in Deutschland oder die Experten des Wifo-Institutes in Österreich kompetente Wirtschaftstheoretiker sind, sie sind sogar so kompetent, dass sie oft ehrlich einräumen, dass ihre Prognosen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sind. Gerade darin besteht die Gefahr, wenn Wirtschaftsprognosen zu „öffentlich“ werden, denn die „bestimmten Voraussetzungen“ sind nicht bekannt. Es entwickelt sich dadurch ein Feedback bzw. Rückkopplungsprozess, der sich im günstigen Fall zu einer Spirale nach oben, in Krisenzeiten dagegen zwingend zu einer Spirale in die falsche Richtung entwickelt. Das Problem besteht darin, dass in einem demokratischen Staat mit Meinungsfreiheit auch negative Prognosen der Bevölkerung kaum vorenthalten werden können und die Medien fast ununterbrochen eher über negative Entwicklungen berichten. Da nützt es nicht viel, wenn von Regierungsseite oder einzelnen Wirtschaftsforschern gelegentlich beruhigt wird – solche „Beruhigungspillen“ wirken eher negativ, weil jeder darauf aufmerksam gemacht wird, dass es tatsächlich Gründe zur Besorgnis gibt.

 

Welchen Zweck haben Wirtschaftsprognosen?

 

Der wesentliche Zweck liegt in einer Darstellung der augenblicklichen Stimmung der Märkte und in der produktiven Industrie, die in erster Linie eine Entscheidungshilfe für die Regierenden eines Staates sein sollten. Für die breite Bevölkerung sind Negativdarstellungen eher gefährlich, denn sie verbreiten Angst, ähnlich, wie wenn während eines drohenden Flugzeugabsturzes die Passagiere ständig darüber informiert würden, wie viel sich das Flugzeug bereits der Erde genähert hat.

 

Wirtschaft lässt sich ebenso wenig prognostizieren wie „Zukunft“ generell. Ein größeres Erdbeben, ein Tsunami oder ein Unfall in einem Atomkraftwerk können zu panikartigen Reaktionen an den Börsen führen, ebenso wie ein Attentat auf einen bekannten Politiker einer Wirtschaftsmacht (z.B. John F. Kennedy, 1963).

 

Auch der theoretische Nutzen von Wirtschaftsprognosen ist begrenzt, da die einzelnen Prognoseinstitute oft aus unterschiedlichen Wirtschaftsschulen stammen, die in ihren Ansätzen oft weit differieren. Gelegentlich ist auch die Nähe zu einer bestimmten Partei für eine objektive Prognose hinderlich.

 

Aus den genannten Gründen ist es zu verstehen, dass in Fernsehsendungen oft hintereinander Experten mit stark voneinander abweichenden Prognosen über die nahe Zukunft vorgestellt werden. Oft drücken sie sich auch schwammig oder so nichtsagend aus, dass ihre Aussagen im Grunde nicht viel wert sind und die ZuschauerInnen mit ihren Ängsten alleine gelassen werden.

 

Machen lässt sich dagegen nichts, außer an die Sendeverantwortlichen zu appellieren, teure Sendezeit nicht allzu häufig mit solchen für die ZuseherInnen eher uninformativen Sendungen zu vergeuden. Den ZuseherInnen lässt sich nur anraten, häufiger an eine zweifelhafte journalistische Regel zu denken:

 

„Only bad news are good news“

 

(2012)

 

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