Ich - oder irgendwer
Ich habe heute eigentlich alles getan, was ich erledigen wollte,
das fiel mit besonders deswegen leicht, weil ich mir heute nichts vorgenommen hatte.
Zu meiner Entschuldigung muss ich erwähnen, das Dichter gerne das lyrische „ich“ benutzen, also nicht sich selbst meinen.
Mit anderen Worten – ich (oder irgendwer) hat heute nichts getan!
Morgen werde ich – rein lyrisch gesehen, auch nichts tun!
Schade dass das lyrische „ich“ seit den 70er-Jahren zunehmend vermieden wird, einige sagen sogar, es solle abgeschafft werden – bis dahin tue ich erst mal gar nichts!
Wahrscheinlich gilt das lyrische ich ja sowieso nur für namhafte Lyriker und nicht für mich.
Schade – dann müsste ich (oder irgendwer) morgen wohl wieder irgend etwas tun!
P.S. Es fällt auf, dass Bücher heute zunehmend Buchpreise erhalten, die in der „selbsterlebten“ Ich-Form geschrieben sind - Selbsterlebtes zu
beschreiben erfordert weniger Fantasie als sich in ein „lyrisches“ Ich zu versetzen und entspricht daher auch mehr unserer sehr ich-bezogenen modernen Weltsicht.
(8.1.2013)