Komm lieber Mai und mache – wieder ein „Erster Mai“…

 

Warum der Erste Mai für mich von jeher eher ein Feiertag, als ein „Kampftag“ bedeutete, kann im Beitrag der Fußnote (1) nachgelesen werden. Der heutige Beitrag beschäftigt sich eher mit dem Thema:

 

Warum rote Nelken ideologisch eigentlich out wären

 

'Die wenigsten von uns' haben die Verhältnisse um 1890 erlebt, über die anlässlich der ersten Maikundgebung in Wien Victor Adler in der damals neugegründeten Arbeiterzeitung schrieb:

 

„Es ist sehr schön, der 1. Mai, und die Tausende von Bourgeois und Kleinbürgern werden es den Hunderttausenden von Proletariern gewiss gerne vergönnen, sich einmal das Erwachen der Natur, das alle Dichter preisen und wovon der Fabrikszwängling so wenig bemerkt, es in der Nähe zu besehen“.

 

Danach hatte es noch viele Gründe gegeben, Maikundgebungen mit der durch die Industrialisierung notwendig gewordenen „sprachlichen Substanz“ zu füllen. Tatsächlich hat sich vieles jedoch in den letzten Jahrzehnten für Angestellte und Arbeiter so verbessert, dass sich die großen Volksparteien in wesentlichen Kernpunkten beim Thema „Arbeit“ nur wenig unterscheiden.

 

Was bedeutet der 1. Mai heute?

 

Zur Geschichte des „Ersten Mai“ wurde bereits in einer Fußnote meines ersten Mai-Beitrags (1) berichtet, heute wird der Tag in vielen Ländern der Erde als „Gesetzlicher Feiertag“ oder im pragmatischen Österreich als „Staatsfeiertag“ gefeiert(2), dazu ein Zitat:

 

Für die meisten Menschen ist er heute ein liebgewordener arbeitsfreier Tag, der nur wenig mit Arbeiteridealen zu tun hat. Statt der oben zitierten Maibaumhuldigungen ist er ein willkommener Tag für Events jeder Art, auf die unter dem Stichwort „Krise“ etwas mehr eingegangen wird.

 

Komm’ lieber Mai und mache …

 

Das eigentlich für Kinder geschriebene Volkslied wurde erst zum „Volkslied“, als der Text, geschrieben 1776 von Christian Adolph Overbeck, Oberbürgermeister von Lübeck, von Mozart unter dem Titel „Sehnsucht nach dem Frühlinge (KV 596)“, vertont wurde. 

 

Aus heutiger Sicht sollte man dem Kinderlied wieder etwas politischere Wünsche anschließen:

 

► Wenn doch bitte auch unsere Politiker dieses „und mache...“ ernster nähmen - das „Absingen der Internationale“ löst keine Probleme unserer Zeit mehr, ebenso wenig wie die „Erste Mai-Reden“ aller Parteien, die den „Ersten Mai“ für sich einzunehmen versuchen, nämlich:

 

► Warum die Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Ansteigen der Beschäftigten in Industrieländern wie in Deutschland und Österreich steigt.

 

► Woher die allgemeine Politikverdrossenheit kommt – doch wohl durch die Farb- und Einfaltslosigkeit der meisten GewerkschaftlerInnen und PolitikerInnen – aber wer unternimmt schon gerne etwas gegen sich selbst?

 

► Warum es (hauptsächlich in Berlin - in Zukunft wohl eher in ehemaligen ostdeutschen Gebieten) zu kampfartigen Protesten kommt, erklärte der Politologe Anton Pelinka in „Der Standard“ am 30. April 2012: „die Systemvorstellung der neuen Protestbewegungen seien eine Mischung aus erfrischender Naivität und mangelnder Information“.

 

Das Wort „Naivität“ ist in diesem Zusammenhang, wenn auch in einem anderen Sinne, sicherlich für die zahlreichen links- oder rechtsorientierten Gruppierungen (u.a. Pegida) angebracht - und unter mangelnder Information können wir uns im heutigen Medienzeitalter wohl kaum beklagen, sodass es wohl nicht „mangelnde Information“, sondern wiederum Naivität (bis hin zu Dummheit) ist, die immer wieder zu Protestbewegungen führt.

 

Die Krise

 

Die Krise ist noch immer ein dankbares Hauptthema des 1. Mai (als gäbe es die Krise nicht schon seit vielen Jahren). Hier kann man alles unter einen Hut bringen: die bösen Banken, die bösen Spekulanten, die unfähigen PolitikerInnen (natürlich nur der jeweils anderen Parteien), die EU, die Globalisierung und die „bösen“, weil nicht nachhaltigen Energieformen. Das bleiben dankbare Zukunftsthemen vieler kommender Maikundgebungen - und dann natürlich auch, dass die Schere zwischen arm und reich immer „enger“ wird.

 

Anm.: Bei den vielen volksfestartigen „events“ anlässlich des Ersten-Mai konnte beobachtet werden, dass das Publikum bei den ausgefallensten events (verrückte Motorsport-Raillies, Pop-Konzerten etc.) durchaus dem „Mittelstand“ entstammt – gäbe es nur noch das „abgehängte Prekariat“, wären die Besucherzahlen vermutlich deutlich geringer. Der Begriff „arm“ ist im geschichtlichen Vergleich sehr dehnungsfähig – auf jeden Fall wird er heute überstrapaziert.

 

Wir sind gespannt, was uns der heutige „Erste Mai“ bringen wird,

 

(1. Mai 2015)

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(1) http://www.igler-reflexe.at/erinnerungen/erinnerungen-an-den-sch%C3%B6nsten-1-mai-1946-in-der-deutschen-russischen-zone/

 

(2) http://www.staatsfeiertag.at/

 

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