Globalisierung – eine neue Facette von Eroberungskriegen

 

 

Tischglobus - (c) Wikipedia,Public Domain, grafisch stark verändert Alfred Rhomberg

 

 

Allen Eroberungen ist eines gemeinsam: einige bereichern sich auf Kosten anderer – nur die Art und Weise hat sich im Laufe der Geschichte gewandelt. Auch die Globalisierung ist „Eroberung“ – sie unterscheidet sich lediglich in der Wahl der Mittel von früheren Eroberungskriegen wie z.B. der Conquistadoren oder der Kolonisationskriege, deren Hauptziel es war, billige Arbeitskräfte (Sklaven) und Rohstoffe zu erobern. Am ehesten ist die Globalisierung eine Weiterentwicklung der schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts gegründeten Ostindischen Gesellschaften(1). Mit Ausnahme von kriegerischen Auseinandersetzungen in einigen afrikanischen Regionen wird die moderne Globalisierung ohne Kriege bzw. ohne herkömmliche Waffen geführt.

 

Zwei Formen der Globalisierung

 

Die eine Form ist, dass Firmen westlicher Industrieländer nur noch die Entwicklungs- und Vertriebsgesellschaften in ihrem Heimatland behalten, alle Produktionszweige jedoch dort hin verlagern, wo Arbeitskräfte am billigsten sind. Durch die Automatisierung aller Produktionsabläufe lässt sich die Produktion rasch von einem Land in ein anderes verlagern. Optimal sind Länder die zusätzlich einen großen Absatzmarkt wie China oder Indien bedeuten. Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs und dem Beitritt vieler ehemaliger Ostblockländer waren auch Länder wie Ungarn, Tschechien, Slowakei oder Polen gute Industriestandorte, wobei zunächst – wie in der ehemaligen DDR – die Infrastruktur ausgebaut werden musste, um die produzierten Waren transportieren zu können. Baugesellschaften, Banken, Telefongesellschaften und Versicherungen hatten daher beste Entwicklungsmöglichkeiten. Inzwischen sind viele dieser Länder in einer ersten Phase gesättigt, auch wenn der Lebensstandard noch deutlich unter den westlichen Industrienationen liegt. Ursache dafür sind inflationäre Entwicklungen in diesen Ländern, die das Lohnniveau, aber auch die Preise für Konsumgüter ansteigen ließen und zur Verschuldung sowohl der Staaten, als auch deren Einwohner führten.

 

Ein typisches Beispiel ist Ungarn, wo die Lebensmittelpreise inzwischen oft teurer als im benachbarten Österreich sind. Einzig Dienstleistungsbetriebe sind noch preiswerter als in Deutschland oder Österreich, so sind etwa Autowerkstätten in Ungarn deutlich billiger als im benachbarten österreichischen Burgenland.

 

Eine andere Art der Globalisierung ist der Kauf von Firmenteilen, ganzer Konzerne oder Hotels durch reiche Russen, Chinesen, Araber und neuerdings auch Inder. Davor kann sich kein westliches Industrieland schützen, denn einerseits sind viele westliche Länder und Firmen hoch verschuldet, andererseits sind die Kassen asiatischer Länder wie China übervoll.

 

Welche Art der Globalisierung ist die gefährlichere?

 

Wenden sich Globalisierungsgegner derzeit noch in erster Linie gegen die Verlagerung von Produktionsstätten in Billiglohnländer, weil sie die Arbeitsplatzverluste in unserer Industrielandschaft fürchten, ist die zweite Form wesentlich gefährlicher für westliche Industrienationen. Bei dieser Variante der Globalisierung kaufen die Investoren technisches und wissenschaftliches Knowhow gleich mit und können dies legal in ihre Heimatländer transferieren. Was China betrifft, so verfügt dieses Land inzwischen über renommierte Universitäten, lässt seine StudentInnen zudem an den besten westeuropäischen und US-Universitäten studieren und bezieht das noch fehlende technische Knowhow durch Investitionen in Industrieländern, wie Deutschland, USA aber auch Österreich.

 

China wird die westliche Welt bald im Griff haben, denn bereits jetzt werden Rohstoffresourcen wie seltene Erden, die in der Mikrochip- und Nanotechnologie eine unverzichtbare Rolle spielen und über welche China in ausreichendem Maß verfügt, für westliche Ausfuhren kontingentiert.

Alle diese Prozesse erfolgen ohne kriegerische Auseinandersetzungen, die weder von den USA, noch der Europäischen Union auch nur annähernd in Betracht gezogen werden, weil die westlichen Industrieländer neue Absatzmärkte für ihre Produkte brauchen. Kriegerische Auseinandersetzungen finden derzeit in erster Linie in afrikanischen Staaten und (derzeit) in arabischen Staaten statt, wobei es bei Letzteren um Erdöl, bei den afrikanischen Staaten eher um Land für Großfarmen zur Gewinnung von Nahrungsmitteln geht.

 

Die Devisenmärkte waren von jeher für den Welthandel wichtig, heute sind sie der Hauptkriegsschauplatz der Weltwirtschaft. Die Devisenparitäten und Veränderungen der Leitwährungen Dollar, Euro und Yen sind die bestimmenden Faktoren für die Flussrichtungen der Weltwirtschaft. Leider richten sich diese Paritäten nicht nach dem sonst gültigen Prinzip von Angebot und Nachfrage, weil die Währungen von den zentralen Notenbanken bestmöglich für ihre eigene Wirtschaft manipuliert werden – bestmöglich weil z.B. sowohl die USA als auch die Eurozone auf gute Handelsbeziehungen angewiesen sind und darauf Rücksicht nehmen müssen. Seit einiger Zeit drängt sich der chinesische Yuan in den Vordergrund, der von der chinesischen Regierung sehr stark „manipuliert“ wird, um chinesische Exporte zu verbilligen. Durch regelmäßige größere Dollarkäufe erreicht China, dass die eigene Währung künstlich „unterbewertet“ bleibt. Es ist das erklärte Ziel der Volksrepublik China, den Yuan zu einer dem Dollar ebenbürtigen Leitwährung zu machen.

 

Die Devisenspekulation ist im Gegensatz zu früher infolge der Globalisierung eher ein Nebenschauplatz geworden. Kurzfristig können zwar auch die großen Devisenmärkte von internationalen Großspekulanten beeinflusst werden, auf längere Sicht treten jedoch die wirtschaftlichen Realitäten (Inflationsentwicklung, Import/Export) in den Vordergrund.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die früheren Eroberungsziele durch die Globalisierung nicht wesentlich verändert haben. Heute, wie in früheren Zeiten geht es um Rohstoffe, Nahrungsmittel, Absatzmärkte und Sklaven, wobei die modernen SklavInnen nicht mehr durch Eroberungskriege aus ihren Heimatländern als Gefangene verschleppt und auf Sklavenmärkten verkauft werden – die Arbeit verlagert sich dorthin, wo es billige Arbeitskräfte gibt, deren Lebensumstände – insbesondere in Afrika – sich allerdings nicht wesentlich von den früheren SklavInnen unterscheiden. Die modernen Sklaven sind zwar frei, einige diktatorisch regierte afrikanische Länder nehmen ihnen aber ihr zum Überleben wichtiges Ackerland weg um es an fremde Investoren zur Errichtung von Großfarmen zu vermieten (Landgrabbing). Die Rohstoffe sind heute Erdöl, Kupfer, Cobalt und seltene Erden, sowie Edelhölzer, Palmöl und billiges Getreide – Diamanten haben als Industrierohstoffe ihre Bedeutung verloren, weil sie heute künstlich hergestellt werden können.

 

Wer an Visionen glaubt, könnte sich in der Zukunft geregelte Märkte mit einer einzigen Weltwährung vorstellen, in einer solchen Welt müssten jedoch auch die sozialen Grundbedingungen des Lebens angeglichen sein – ein bisschen zu viel Vision um Realität zu werden.


(1) Britischen Ostindien Company (1600). Über die Gesandtschaft erhielt die Company vom Großmogul das Recht, Handelsstationen an der Westküste von Vorderindien einzurichten.

1602 schlossen sich niederländische Kaufmannskompanien zusammen (VOC), um die Konkurrenz untereinander auszuschalten. Die Gesellschaft erhielt vom niederländischen Staat Hoheitsrechte wie Kriegsführung, Festungsbau, Landerwerb und Monopolrechte. Mit Verwaltungssitz in Amsterdam und Middelburg errichteten sie im 17. und 18 Jahrhundert Niederlassungen in Batavia (heute Jakarta), Java (Indonesien), Bengalen (Bangladesch), Ceylon (Sri Lanka), Südindien, an der japanischen Küste, im Gebiet des heutigen Iran und in Südafrika.

 

Im Gegensatz zu heute kam es jedoch bei der Etablierung dieser Gesellschaften immer wieder auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen.

 

(14.05.2012)

 

Anm. (Januar 2017): an den im Beitrag geschilderten Entwicklungen hat sich auch heute, nach 5 Jahren der Erstpublikation, kaum etwas geändert!

 

 

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